Wir haben Zeugen:
Erfahrungs­berichte zum Dienst

Polizeibeamter schaut in die Kamera

Olus T.

Polizeimeister

Herr T. wurde bereits während seiner Ausbildung in 2010 interviewt.

Er hatte sich zugunsten der Polizeiausbildung gegen ein Jura-Studium entschieden, weil ihm das Studium zu theoretisch war. Schon damals wollte er als Beamter mit türkischem Migrationshintergrund eine Brücke zwischen zwei Kulturkreisen schlagen.

Seit März dieses Jahres ist er als Polizeimeister in der Bereitschaftspolizei voll im Einsatz und hat sich gerne noch mal für ein Interview zur Verfügung gestellt.

Wurden Ihre Erwartungen an die Ausbildung erfüllt?

Ja, im Großen und Ganzen schon. Das, was man in der Ausbildung mitbekommen hat, hat man so auch alles in der Praxis wiedergefunden.

Die Ausbildung soll anstrengend und zeitintensiv sein. Stimmt das?

Ja, das kann ich bestätigen. Der eigene Alltag ändert sich, zum Beispiel, wann man schlafen geht und wann man aufsteht. Das Wochenende wird viel intensiver ausgelebt. Es geht in den zwei Jahren Ausbildung schon sehr viel um die Polizei.

Der Freundeskreis ändert sich dadurch zwangsläufig, im positiven wie auch im negativen Sinne. Gute Freunde bzw. Freunde, die man als gute Freunde bezeichnet hatte, sind dann manchmal nicht mehr da, wenn sie sehen, dass die eigene Zeit geringer wird, dass man viel Zeit für seinen Beruf und seinen weiteren Lebensweg investieren muss.

Man darf das jetzt aber nicht zu negativ auslegen. Die Ausbildung ist umfangreich, keine Frage, aber wenn du es dann geschafft hast, dann siehst du, die Mühe hat sich gelohnt. In dem Augenblick versteht man das nicht so und findet es anstrengend, weil man das vorher nicht so kannte. Im Nachhinein sagt man sich, zum Glück habe ich das so gemacht.

Kam es Ihnen am Anfang auch so vor, dass man ganz viele neue Gesetze kennengelernt hat und man damit erst einmal nicht so viel anfangen konnte?

Bei mir war es nicht so. Ich habe vorher drei Semester Jura studiert. Der Einstieg in diese Rechtsthematik war für mich dadurch sehr angenehm; leicht sage ich jetzt nicht, aber viel verständlicher, weil ich die Grundlagen kannte.

Das Polizeidenken im Allgemeinen anzunehmen, war eher das, was einem zunächst fremd war; nämlich sehr objektiv zu bleiben und keine Partei zu ergreifen.
Die schulischen Aspekte sind zu einem großen Teil reine Fleißsache gewesen. Wenn man da dran bleibt, dann schafft man das auch. Das haben schon einige Tausend vor uns geschafft.

Was müsste an der Ausbildung ggf. verbessert werden?

Wenn ich in der Position wäre, etwas verändern zu können, dann würde ich definitiv den Praxisbezug erweitern. Das, was mir in der Schule erzählt wird, ist alles schön auf dem Papier, man kann sich das durchlesen und markieren, aber auf der Straße funktioniert es dann doch meistens ein bisschen anders.

Die Berufs- und Lebenserfahrung ist für den Polizeiberuf sehr wichtig.

Schildern Sie Ihre interessantesten Erlebnisse nach der Ausbildung.

Es war zum Beispiel sehr interessant, Herrn Putin bei seinem Besuch in Berlin als Einsatzhundertschaft zu begleiten.

Der 1. Mai ist natürlich auch ein Erlebnis. Wir haben zum 01. März ausgelernt und zwei Monate später waren wir schon bei den Veranstaltungen zum 1. Mai dabei. Es ist eindrucksvoll, so viele Menschen vor sich zu haben, die etwas „gegen die Polizei haben“. Natürlich nicht alle, aber es gibt einen Kern, der öffentlich gegen die Polizei propagiert und auch handelt.

Wie fühlt sich das an?

Herzklopfen ist da, auch wenn man sich im Team sicher fühlt. Man hat ein großes Fragezeichen und fragt sich, zu was sind die eigentlich fähig? Man liest im Internet einige Berichte, überlegt, was im besten und schlechtesten Fall passieren könnte. Wenn einem dann Ablehnung entgegen gebracht wird, denkt man, was ist denn hier los, was wollen die eigentlich von mir? Womit haben die denn eigentlich ein Problem?
Da fasst man sich schon an den Kopf und sagt, okay, Hauptsache, wir sind da, wir sind stark, wir sind zusammen. Das hatte ich damals beim Interview auch schon gesagt, solange man als Einsatzeinheit funktioniert, ist eigentlich alles zu bewältigen. Da braucht man keine Angst zu haben.
Viele Menschen wollen einfach nur friedlich feiern. Geht man zum Maifest, wird da gekocht und getanzt, es ist alles wunderbar und dann kommt bei einigen Menschen ab einer gewissen Uhrzeit eine Unruhe auf. Dann passiert das, was seit Jahren passiert. Zum Glück in den letzten Jahren nicht mehr in der Form, wie es früher war. Aber wir müssen damit leben, dafür sind wir Hauptstadt-Polizei.

Man sucht als Polizist nicht jeden Tag den Kick. Wir sind auch nur Menschen. Wir bereiten uns gut auf solche Großveranstaltungen vor. Es ist ein Prozess, der sich über Jahrzehnte entwickelt hat in Berlin.

Außerdem haben wir sehr gute Schutzkleidung. Wenn wir mal beworfen werden, sind wir größtenteils geschützt. Zum Glück denkt da oben jemand an uns, zu mindestens der Dienstherr und kleidet uns situationsgerecht ein.

„Die Berufs- und Lebenserfahrung ist für den Polizeiberuf sehr wichtig.“
Polizeimeister Olus T.

Haben Sie auch schon Fußballspiele begleitet?

Ja, wir haben schon Union Berlin und Hertha BSC als Einsatzhundertschaft begleitet. Es ist eine schöne Sache bei so einem Duell dabei sein zu können. Es kommt natürlich darauf an, welche Funktion man an solchen Fußballtagen hat. Wenn man außerhalb des Stadions als sichernder Beamter steht, hat man während des Fußballspiels leider nicht so den direkten Kontakt mit dem Bürger.

Wenn man im Stadion steht, ist das natürlich viel interessanter. Es wird aber von Spiel zu Spiel immer neu entschieden, ob wir drinnen stehen oder nicht. Wenn nichts Schlimmes zu erwarten ist, dann ist es deeskalierender, wenn wir draußen bleiben.

Welche Tipps haben Sie für Berufsanfänger/innen?

Tipps sind immer auch sehr persönlich. Ich bin der Meinung, jeder sollte seine eigenen Erfahrungen machen können.

Wenn ich einen Tipp geben müsste, dann einfach der, sicher zu sein, dass der Beruf der richtige ist und nicht halbherzig an die Sache herangehen.
Wenn man was macht, muss man es richtig machen, ansonsten sollte man es lassen.

Man sollte zu Beginn seinen Freundeskreis und die Familie in Kenntnis setzen, dass jetzt ein neuer Lebensabschnitt beginnt und primär die Zukunft wichtig ist. Wenn es gute Freunde sind und die Familie sowieso, dann bleibt es auch so und sie haben Verständnis.

Wenn man von der Familie und den Freunde unterstützt wird, dann ist einiges leichter.

Auf welcher Dienststelle sind Sie jetzt tätig? Was sind dort Ihre Aufgaben?

Ich bin aktuell in einer Einsatzhundertschaft. Das ist ein guter Einstieg in die Polizeiarbeit. Man arbeitet nicht alleine, sondern in einem Team.

In der Gruppe ist man stärker; wenn man Fragen hat, kann man in der Mannschaft selbst fragen, sei es die Führung oder die einzelnen Kollegen. Das klappt gut. Wir haben in der Gruppe ähnliche Aufgaben: Fußballspiele und Versammlungen sichern, Begleitungen von Staatsgästen oder andere größere Einsätze. Da bin ich zufrieden, da will ich auch erst mal bleiben.

Was möchten Sie noch erreichen bzw. welche Bereiche innerhalb der Polizei möchten Sie noch kennenlernen?

Für die Zukunft wäre es interessant, in der Polizeischule als Fachausbilder zu arbeiten. Ich konnte das die zwei Jahre während meiner Ausbildung erleben. Es wirkte sehr angenehm, wie man dort arbeitet, wie intensiv, aber auch wie entspannt es sein kann. Besonders die Dienstzeit ist sehr gut, wenn man später eine Familie hat.

Wie ist aus Ihrer Sicht das Image eines Polizeibeamten/einer Polizeibeamtin in Berlin zu bewerten?

Es gibt aktuelle Statistiken, die besagen, dass Polizeibeamte in den letzten Jahren häufiger angegriffen wurden als zuvor.
Man muss unterscheiden, habe ich es eher mit älteren Menschen zu tun, dann ist der Respekt vor der Polizei, auch wenn man als Polizeibeamter noch jünger ist, meistens noch da.

Es gibt aber auch Personengruppe in einem gewissen Alter, die mit der Polizei nichts zu tun haben wollen.

Ich bin der Meinung, dass der Trend dahin geht, dass man als Polizist nicht respektiert wird. Ich hoffe aber, dass wir mit guter Polizeiarbeit die Menschen erreichen, die bisher kein Vertrauen in uns haben und sie eventuell wieder für uns zu gewinnen. Sie sollen erfahren, dass das auch nur ein Mensch in dieser Uniform ist. Einige vergessen das sehr gerne.

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